SEILBAHN KOMPERDELL //
NEUBAU TALSTATION KOMPERDELLBAHN
Wie oft hat man schon die Gelegenheit, die Errichtung einer Seilbahn mitzuverfolgen? Deshalb haben wir beschlossen, hier den Bauprozess zu dokumentieren.
WIE ALLES BEGANN //
Die Lebensdauer der alten Komperdellbahn (Baujahr 1988) war seit Längerem angezählt, daher wurde bereits vor Jahren mit dem Planungsprozess zur Erneuerung der Seilbahn begonnen. Rasch wurde klar, dass eine Zwischenstation notwendig sein würde, um den heutigen Anforderungen gerecht zu werden.
Durch die neue Zwischenstation wird unter anderem der Vorplatz zwischen den drei Seilbahn-Talstationen Sunliner, Komperdell- und Alpkopfbahn großzügiger gestaltet. Weiters ergibt sich die Möglichkeit, das letzte Teilstück der steilen Abfahrt mit der Seilbahn zu bewältigen und das Restaurant Leithe Wirt wurde dadurch auch besser an die Infrastruktur angeschlossen.
Neue Streckenführung über Zwischenstation (schwarz dargestellt), alte Streckenführung mittig
(C) Infografik Seilbahn Komperdell
Aufgrund der Notwendigkeit der Schaffung einer Zwischenstation musste die Streckenführung komplett neu ausgerichtet werden. Das hatte wiederum zur Folge, dass sich die Lage und Ausrichtung der neuen Talstation gegenüber der alten verändern musste.
Im Planungsprozess galt es nun also eine 'architektonische Brücke' zwischen der bestehenden und neu zu errichtenden Infrastruktur zu schaffen.
Eine Herkulesaufgabe, aber machbar.
BAUPHASEN //
Um das Projekt bis zur Wintersaison 2023 zeitlich umsetzen zu können, wurde es in 2 Bauabschnitte aufgeteilt.
Bereits 2022 erfolgte in BAUPHASE I die Errichtung der neuen Zwischenstation und der Seilbahntrasse, die Verlegung von Infrastrukturleitungen, (unter anderem Strom) und das Freilegen des nördlichen Baufeldes in der Talstation.
Am 17. April 2023 startete die BAUPHASE II.
In den ersten 6 Wochen wurde der Bestand abgebrochen.
Abbruch Bestandgebäude Komperdellbahn (gelb dargestellt)
(C) Foto Seilbahn Komperdell
DER NEUBAU STARTET //
Endlich geht's los. Mit zwei Baukränen und teilweise bis zu drei zusätzlichen mobilen Kränen beginnen die Arbeiten für den 2-flügeligen Neubau.
Einerseits das neue Seilbahngebäude für die Umlenkstation mit Seilbahntechnik und andererseits dem südlich gelegenen Zubau zum Verwaltungsgebäude mit Lager, Nebenräumen, Haustechnik, Anlieferung und Mitarbeiter-Skidepot sowie dem neuen unterirdischen Skidepot.
THINK BIG und trotzdem NACHHALTIG //
Allein in der Talstation wurden 6.277 m² Fläche neu errichtet, was einer Kubatur von mehr als 34.000 m³ entspricht! Zum Vergleich, die Kubatur eines Einfamilienhauses beträgt nur rund 1000 m³.
Das klingt also nicht gerade nachhaltig, stimmt aber nicht.
Bei der gesamten Planung wurde großer Wert darauf gelegt, die Auswirkungen der notwendigen Baumaßnahmen auf die Umgebung bestmöglich zu reduzieren.
Durch die unterirdische Positionierung der Infrastrukturräumlichkeiten und des Neubaus eines Skidepots mit über 5.000 Stellplätzen, mussten diese zwar in Stahlbeton ausgeführt werde, konnte der Grundverbrauch jedoch beträchtlich reduziert werden. Die beiden Geschosse befinden sich nach ihrer Fertigstellung unterhalb der Skipiste und tragen so dazu bei, dass der Anteil der oberirdischen Baumasse mit 15.895 m³ deutlich unter der Hälfte des gesamten Bauvolumens liegt.
Alle Bauteile, die es erlaubten, wurden in Holzbauweise ausgeführt, wie der Zubau des Verwaltungsgebäudes.
Weiters wurde das Gebäude der neuen Talstation so an die Hangkante positioniert, dass es 3-seitig komplett eingeschüttet und gut in die Landschaft integriert ist. Die Dachfläche wird mit einer eigens gezüchteten Blumensaat heimischer Pflanzen komplett begrünt!
Im Seilbahngebäude wurde eine flächenbündige transparente Photovoltaik-Anlage in der Fassade integriert, so wie auch auf allen weiteren geeigneten Flächen.
Die Gesamtleistung der ausgeführten PV-Anlage beträgt 380 kwp mit einem Jahresertrag von 435.000 kwh/Jahr. Dieser produzierte Strom wird im eigenen Netz direkt verbraucht.
ÜBERSICHT PHOTOVOLATIK ANLAGEN
GEBÄUDE MAX. LEISTUNG JAHRESERTRAG
Talstation 160Kwp 185.000 kWh/Jahr
Zwischenstation 110Kwp 130.000 kWh/Jahr
Bergstation 110Kwp 120.000 kWh/Jahr
Noch ein Wort zum Seil, dem Herzstück einer Seilbahnanlage.
Bereits im Juli waren die Stützen aufgestellt, also wurde das Seil für die obere Sektion (Zwischen- bis Bergstation) angeliefert.
Dann erfolgt ein besonderer Arbeitsschritt, die sogenannte Seilspleißung, d.h. die beiden Seilenden werden durch das feste Verbinden der einzelnen Seilstränge (Litzen) miteinander vereint. Anschließend wird das Seil auf die Seilscheibe gelegt und gespannt.
(C) Foto Seilbahn Komperdell
WAS NOCH NEU IST //
Gemeinsam mit der Firma Doppelmayr wurde die neue Gondel CWA OMEGA 4 XXL entwickelt, bei welcher die Skier und Snowboards nicht mehr außen verstaut werden müssen, sondern mit in die Kabine genommen werden und dort in eigenen Köchern am Boden Halt finden.
Die 10er Kabinen sorgen für eine Förderleistung von 3.000 Personen pro Stunde und überzeugen durch modernes Design und großzügiges Platzangebot im Inneren. Um ein bequemes Ein- und Aussteigen mit Kindern zu ermöglichen, fährt die Bahn in den Stationen sehr langsam, diese Bereiche sind natürlich kinderwagentauglich und barrierefrei.
Und für die Bikes im Sommer ist auch genügend Platz vorhanden.
OMEGA 4 XXL Kabine - Außenansicht,
(C) Abb.Seilbahn Komperdell
OMEGA 4 XXL Kabine - 10 Sitzplätze mit innenliegenden Skiköchern,
(C) Abb.Seilbahn Komperdell
AURO-SYSTEM //
Auch hier hat Corona Spuren hinterlassen, zunächst mit menschenleeren Pisten und später mit Kostenexplosionen und Personalmangel.
Das Projekt wurde während der unfreiwilligen Zwangspause auf das relativ neue AURO SYSTEM der Firma Doppelmayr adaptiert, welches bereits erfolgreich in Zermatt und im Montafon im Einsatz ist.
Theoretisch kann der Betrieb ohne Stationsbedienstete durchgeführt werden. Kameras und Sensoren sorgen für einen reibungslosen Ablauf und überwachen die Anlage – insbesondere beim Ein- und Ausstieg. Es müsste lediglich ein Mitarbeiter im sogenannten Kontrollzentrum sitzen (dies ist in der Zwischenstation untergebracht), um die komplette Anlage zu überwachen.
Übrigens, die Talstation ist ausschließlich eine Umlenkstation, da sich die Garage für die Gondeln sowie der Antrieb in der Zwischen- bzw. Bergstation befinden.
SEILBAHN FAKTEN //
Hersteller: Doppelmayr
Talstation: 1.442 m
Zwischenstation: 1.610 m
Bergstation: 1.982 m
Höhenunterschied: 540 m
Länge 1. Teilstrecke: 566 m
Länge 2. Teilstrecke: 2.075 m
Gesamtlänge: 2.641 m
Stützenanzahl: 20 Stützen
Förderleistung: 3.000 Pers./h,
im Endausbau: 3.500 Pers./h
Fahrzeit: 10,5 Minuten
Baukosten: 60 Mio Euro
SEILBAHNGEBÄUDE //